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AGB einer Bank – Unangemessene Benachteiligung der Kunden – Zusendung von Kontoauszügen und Kontokarten

LG Hamburg, Az.: 12 O 72/13

Urteil vom 11.02.2014

I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollstrecken an den Vorstandsmitgliedern, zu unterlassen,

1.) im Bereich „Kreditkarte“ unter „G.Card“ ihres Preisverzeichnisses die Klausel „Aufwendungsersatz für Neuzusendung des Kontoauszuges (Zweitschrift) 5,00 €,

2.) im Bereich „Kreditkarte“ unter „G.Card“ ihres Preisverzeichnisses die Klausel „Ersatzkarte (Verlust, Namensänderung) 9,00 € und / oder inhaltsgleiche Klauseln gegenüber Verbrauchern zu verwenden oder mit Bezug auf diese oder inhaltsgleiche Klauseln gegenüber Verbrauchern ein Entgelt zu berechnen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von jeweils € 5.000 für den Tenor zu I.1 und den Tenor zu I.2 und im Übrigen gegen Sicherheitsleistung von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

AGB einer Bank - Unangemessene Benachteiligung der Kunden – Zusendung von Kontoauszügen und Kontokarten
Foto: echoevg/Bigstock

Die Klägerin ist ein Verbraucherschutzverein, der satzungsmäßig zum Schutz von Verbrauchern vor unredlichen Finanzdienstleistern und Kreditinstituten berufen ist.

Die Beklagte ist eine Bank. Sie verwendete ausweislich der Anlage K 2 gegenüber Verbrauchern im Bereich „Kreditkarte“ unter „G.Card“ ihres Preisverzeichnisses die Klausel: „Aufwendungsersatz für Neuzusendung des Kontoauszuges (Zweitschrift) 5,00 €“ und im Bereich „Kreditkarte“ unter „G.Card“ ihres Preisverzeichnisses die Klausel „Ersatzkarte (Verlust, Namensänderung) 9,00 €“.

Die Klägerin mahnte die Beklagte deshalb ab und forderte sie zur Abgabe von strafbewehrten Unterlassungserklärungen auf (Anlagen K 3 bis K 6). Die Beklagte gab solche Erklärungen nicht ab.

Die Klägerin meint, dass ihr ein Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte aus §§ 1, § 3 I Satz 1 Nr. 1, § 4 UKlaG zustehe.

Die Klauseln verstießen gegen § 307 BGB, da sie nach kundenfeindlichster Auslegung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelungen, von denen sie abwichen, nicht zu vereinbaren seien und den Vertragspartner entgegen dem Grundsatz von Treu und Glauben unangemessen benachteiligten.

Die Klausel „Aufwendungsersatz für Neuzusendung des Kontoauszuges (Zweitschrift) 5,00 €“ sei rechtswidrig, weil die Rechnungslegungspflicht der Beklagten nach § 666, 675 Abs. 1 BGB grundsätzlich kostenfrei zu erbringen sei und diese Pflicht auch die Zurverfügungstellung von Kontoauszügen umfasse. Zu einer nochmaligen Versendung eines bereits versandten Kontoauszuges sei das Kreditinstitut nach § 242 BGB verpflichtet, sofern nicht im Einzelnen besondere Umstände vorlägen, die das Verlangen des Kunden missbräuchlich erscheinen ließen, oder die Erfüllung vom Kreditinstitut einen besonderen Kostenaufwand erfordere und der Kunde angemessenen Ersatz hierfür ablehne. Daher erlösche der Auskunftsanspruch durch die erstmalige Erfüllung nicht, sondern bestehe bis zur Grenze einer rechtsmissbräuchlichen Geltendmachung fort. Die einmalige bzw. nur gelegentliche Zurverfügungstellung eines Zweitexemplars sei von Seiten des Kreditinstitutes kostenfrei zu erbringen. Dies sei Ausdruck der gesetzlichen Verpflichtung auf Rechnungslegung und könne nicht Gegenstand einer Preisabrede sein, die der Inhaltskontrolle nach § 307 III BGB entzogen wäre.

Das Kreditinstitut könne nur Ersatz seiner tatsächlichen Aufwendungen verlangen, vorliegend also den Ersatz für die Kosten der Erstellung und der Zusendung des Ausdrucks, welche nicht höher sein können als 0,60 € (Porto 0,58 € nebst Briefumschlag, Papier und Druckerschwärze, zusammen max. 0,02 €). Durch die Berechnung von 5,00 € verschaffe sich die Beklagte einen unberechtigten „Zusatzverdienst“ in Höhe von 4,60 €.

Die Klausel sei auch rechtswidrig, weil die Beklagte nach der im Verbandsprozess maßgeblichen kundenfeindlichsten Auslegung das Entgelt auch berechnen könne, wenn eine Zweitschrift erforderlich werde, weil die Erstschrift nicht beim Kunden angelangt sei. Die Beklagte habe aber für ein von der Deutschen Post als Erfüllungsgehilfin verschuldetes Verlorengehen der Sendung einzustehen, so dass bei einem Verlust der Sendung der Anspruch auf Rechnungslegung nicht erfüllt sei. Verlange der Kunde dann die erneute Zusendung des Auszuges, sei diese kostenfrei zu erbringen. Die Beklagte verwende die Klausel aber ohne den Zusatz, dass das Entgelt nicht berechnet werde, wenn der Verlust des originalen Kontoauszuges von der Beklagten zu vertreten war.

Die Klausel „Ersatzkarte (Verlust, Namensänderung) 9,00 €“ sei rechtswidrig, weil die Berechnung einer Ersatzkarte bei Verlust nur dann rechtmäßig sei, wenn der Kunde den Verlust der Karte zu vertreten habe. Mit der Klausel werde daher dem Kunden bei einem Verlust der Karte auf dem Postwege ein Entgelt für eine Ersatzkarte auferlegt, obwohl eine Verpflichtung der Beklagten zur Leistung des Ersatzes auf eigene Kosten bestehe. Gleiches gelte für den Fall, dass eine Karte im Verantwortungsbereich der Beklagten verloren gehe, z.B. nachdem sie im Geldautomaten eingezogen worden sei.

Es bestehe Wiederholungsgefahr, da die geforderten strafbewehrten Unterlassungserklärungen nicht abgegeben worden seien.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollstrecken an den Vorstandsmitgliedern, zu unterlassen,

1.) im Bereich „Kreditkarte“ unter „G.Card“ ihres Preisverzeichnisses die Klausel

„Aufwendungsersatz für Neuzusendung des Kontoauszuges (Zweitschrift) 5,00 €,

2.) im Bereich „Kreditkarte“ unter „G.Card“ ihres Preisverzeichnisses die Klausel „Ersatzkarte (Verlust, Namensänderung) 9,00 € und / oder inhaltsgleiche Klauseln gegenüber Verbrauchern zu verwenden oder mit Bezug auf diese oder inhaltsgleiche Klauseln gegenüber Verbrauchern ein Entgelt zu berechnen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte meint, dass die vom Kläger beanstandeten Klauseln gar nicht der Inhaltskontrolle unterlägen. Beide Klauseln regelten zusätzliche Sonderleistungen, für die Preisabreden zum einen zulässig seien und zum anderen nicht der Inhaltskontrolle unterlägen.

Die Klausel „Aufwendungsersatz für Neuzusendung des Kontoauszuges (Zweitschrift) 5,00 €“ sei rechtmäßig, weil kein Anspruch des Kunden auf eine Zweitschrift bestehe. Ein solcher ergebe sich auch nicht aus § 675 d BGB i.V.m. Art. 248 §§ 7, 8 EGBGB. Denn der Anspruch sei durch die erstmalige Übersendung des Kontoauszuges erfüllt und erloschen. Ein Anspruch auf die Übersendung einer Zweitschrift könne sich daher nur aus § 242 BGB bei Vorliegen besonderer Umstände ergeben. Für diese Zweitschrift könne nach den Grundsätzen der Vertragsfreiheit ein Entgelt vereinbart werden. Sofern ein Entgelt nicht vereinbart sei, könne der Finanzdienstleister gemäß § 670 BGB Ersatz seiner Aufwendungen verlangen. Selbst wenn für die Übersendung einer Zweitschrift eines Kontoauszuges § 675 d BGB anwendbar sein sollte, so erlaube § 675 d III Nr. 1 BGB die Vereinbarung eines Entgelts.

Das Entgelt sei mit € 5,00 nicht zu hoch angesetzt. Wenn man die Kosten für einen für die Erstellung einer Zweitschrift zuständigen Mitarbeiter mit € 57.400,00 jährlich bei 228 Arbeitstagen ansetze, beliefen sich die Kosten für einen solchen Mitarbeiter auf € 241,18 pro Tag und € 30,92 pro Stunde. Da insgesamt von einer Bearbeitungszeit von etwa 10 min auszugehen sei (was die Entgegennahme der Aufforderung zur Erstellung einer Zweitschrift, den Ausdruck derselben und die Erstellung eines Begleitschreibens umfasse), fielen für die Bearbeitung durch einen oder mehrere Mitarbeiter bereits Kosten in Höhe von mindestens € 5,15 an. Porto und Materialkosten kämen noch hinzu. Ein Entgelt von € 5,00 liege zudem unter dem marktüblichen Entgelt und sei daher angemessen.

Die Klausel sei auch nicht dahin auszulegen, dass Fälle erfasst würden, in welchen der Kontoauszug bei der Übersendung verloren gegangen sei. Da die Klausel ausdrücklich die Neuzusendung nenne und im Klammerzusatz „Zweitschrift“ stehe, sei klargestellt, dass die Beklagte ihre Verpflichtung zur Übersendung des jeweiligen Kontoauszuges bereits erfüllt habe.

Die Klausel „Ersatzkarte (Verlust, Namensänderung) 9,00 €“ sei rechtmäßig. Es sei grundsätzlich zulässig, Aufwendungsersatz zu verlangen. Eine Ausnahme bestehe nur, wenn die Beklagte den Verlust zu vertreten habe. Dieser Fall sei aber durch die Formulierung der Klausel ausgeschlossen. Denn der „Verlust“ der Karte könne nur vorliegen, wenn ein Kunde selbst die Karte verliere – unabhängig davon, ob den Kunden ein Verschulden treffe oder nicht. Die Beklagte habe nicht für ein Verschulden Dritter einzustehen. Wenn die Klage an einem Geldautomaten der Beklagten eingezogen werde, läge schon begrifflich kein „Verlust“ vor. Soweit die Karte während der Übersendung an den Kunden auf die Postwege verloren gehe, läge ebenfalls kein „Verlust“ durch den Kunden vor. Von einem „Verlust“ könne erst gesprochen werden, wenn die Karte bereits im Besitz des Kunden gewesen sei. Zudem treffe die Beklagte keine Verpflichtung auf kostenlosen Ersatz der Karte bei Abhandenkommen auf dem Postwege, weil es sich um den gesetzlichen Fall einer Schickschuld nach § 269 BGB handele.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die eingereichten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 14.1.2014 verwiesen.

Die Beklagte hat nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung den Schriftsatz vom 3.2.2014, der nicht nachgelassen war, eingereicht.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet

Die Klägerin ist aktiv legitimiert nach §§ 4, 3 Nr. 1 UKlG.

1. Klausel „Aufwendungsersatz für Neuzusendung des Kontoauszuges (Zweitschrift) 5,00 €“

Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Unterlassungsanspruch aus §§ 1, § 3 I Satz 1 Nr. 1, § 4 UKlaG i.V.m. § 307 I, II BGB i.V.m. §§ 675 c I, 666 BGB zu.

a.

Die angegriffene Klausel unterliegt der Inhaltskontrolle gemäß § 307 III 1 BGB. Danach sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen kontrollfähig, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Darunter fallen zwar weder Bestimmungen über den Preis der vertraglichen Hauptleistung noch Klauseln über das Entgelt für eine rechtlich nicht geregelte zusätzlich angebotene Sonderleistung. Regelungen, die Aufwendungen für die Erfüllung gesetzlicher oder vertraglich begründeter eigener Pflichten des Klauselverwenders oder für Tätigkeiten in dessen eigenem Interesse auf den Kunden abwälzen, stellen dagegen eine kontrollfähige Abweichung von Rechtsvorschriften dar (vgl. BGH, Urteil vom 21.4.2009, Az. XI ZR 55/08, Rz 16, zit.n.juris; BGHZ 137, 27, 30; BGHZ 161, 189, 190 f.).

b.

Die angegriffene Klausel benachteiligt die Vertragspartner der Beklagten entgegen den Grundsätzen von Treu und Glauben unangemessen i.S.d. § 307 I, II Nr. 1 BGB, weil sie bei der kundenfeindlichsten Auslegung auch für jeden Fall eine Gebühr festzusetzen erlaubt, in dem nur aus Sicht der Beklagten eine Neuzusendung des Kontoauszuges (Zweitschrift) vorliegt, obwohl den Kunden die Erstschrift gar nicht erreicht oder er die Erstschrift nicht abgerufen hat.

Eine unangemessene Benachteiligung ist gegeben, wenn der Verwender der AGB durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen (BGH, NJW 2010, 57 Rz. 18, zit.n.juris). Bei der Überprüfung des Inhaltes einer Klausel ist durch Auslegung der objektive Inhalt zu ermitteln (vgl. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 73. Aufl. 2014, § 307 Rz. 8). Diese Auslegung ergibt, dass die Begriffe von Neuzusendung und Zweitschrift das oben genannte Verständnis, dass nämlich Neuzusendung und Zweitschrift aus der Sicht der Beklagten bzw. der Klauselverwenderin definiert werden, zulassen.

Dem Kunden für die Zusendung eines Kontoauszuges, der aus seiner Sicht der erste und nicht eine Zweitschrift ist oder für einen aus jedweden Gründen nicht abgerufenen Kontoerstauszug, Kosten aufzuerlegen, ist unangemessen, weil es gegen wesentliche Grundgedanken einer gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, verstößt (vgl. LG Frankfurt/M., WM 2011, 1846).

Denn die Beklagte könnte mit dieser Klausel Gebühren erheben, auch wenn sie selbst ihre eigene gesetzliche Auskunftsverpflichtung noch gar nicht erfüllt hätte. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind Entgeltklauseln, in denen ein Kreditinstitut einen Vergütungsanspruch für Tätigkeiten normiert, zu deren Erbringung es bereits gesetzlich oder aufgrund einer selbstständigen vertraglichen Nebenpflicht verpflichtet ist oder die es vorwiegend im eigenen Interesse vornimmt, mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelungen nicht vereinbar, da nach dem gesetzlichen Leitbild für solche Tätigkeiten ein Entgelt nicht beansprucht werden kann (BGH, Urteil vom 21.4.2009, Az. XI ZR 55/08 Rz. 21, zit.n.juris; BGHZ 161, 189, 191; BGHZ 150, 269, 274; BGHZ 146, 377, 383).

Die Verpflichtung, den Kunden über Bewegungen auf seinem Konto in geeigneter Form zu unterrichten, folgt aus dem Zahlungsdiensterahmenvertrag gemäß §§ 675 c I, 666 BGB. Diese Verpflichtung wird in der Praxis durch Erteilung von Kontoauszügen über einen Kontoauszugsdrucker oder im Falle des Internetbankings durch die Bereitstellung der entsprechenden Daten erfüllt (vgl. Tamm/Tonner, Verbraucherrecht, 2012, § 22 Rz. 157). Eine Sonderleistung gegenüber dem Kunden wird damit nicht erbracht. Ein gesondertes Entgelt kann daher nicht verlangt werden (vgl. Tamm/Tonner, Verbraucherrecht, 2012, § 22 Rz. 157).

Die beanstandete Klausel erlaubt der Beklagten aber Entgelte für solche Leistungen zu erheben, zu deren Erbringung sie schon kraft Gesetzes verpflichtet ist.

Ob die Beklagte die Klausel bei einer eindeutigen Formulierung dazu, dass die Neuzusendung den Fall meint, dass der Kontoauszug in der Erstschrift dem Kunden bereits zugegangen, aber eine Zweitschrift angefordert worden ist, wirksam wäre, kann dahinstehen. Die Klausel könnte ohnehin nicht deshalb aufrechterhalten werden, wenn die Beklagte sich tatsächlich – wie sie vorträgt – nur auf die Klausel beriefe, wenn der Kunde den bereits zugegangen Kontoauszug verloren hätte. Eine wegen ihres Inhalts unwirksame Bestimmung wird nicht dadurch wirksam, dass der Berechtigte davon nicht in vollem Umfang Gebrauch macht (vgl. BGH, Urteil vom 6.10.1982, Az. VIII ZR 201/81, Rz, 21, zit.n.juris; BGH, Versicherungsrecht 2013, 46, 51 Rz 54).

Darüberhinaus ist die Klausel intransparent i.S.d. § 307 I 2 BGB.

Das Transparenzgebot verpflichtet den Verwender, Rechte und Pflichten seines Vertragspartners in den AGB möglichst klar, einfach und präzise darzustellen (vgl. BGH, VersR 2013, 46). Dabei gebieten Treu und Glauben auch, dass die Klausel wirtschaftliche Nachteile und Belastungen für einen durchschnittlichen Partner soweit erkennen lässt, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann (ibid.). Bereits die bloße Unklarheit einer Klausel kann zu ihrer Unwirksamkeit führen. So liegt eine Verletzung des Bestimmtheitsgebots in der Festlegung einer Gebühr für eine „Nachlassbearbeitung“ oder in der Festlegung eines Bankentgelts „für besondere Leistungen“, wenn die von der Bank zu erbringenden Leistungen nicht näher konkretisiert werden (vgl. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 73. Aufl. 2014, § 307 Rz. 26 m.w.N.). Dementsprechend ist auch die Festsetzung einer Gebühr für den Fall der „Neuzusendung“ einer „Zweitschrift“ ohne weitere Präzisierung intransparent und unzulässig.

2. Klausel „Ersatzkarte (Verlust, Namensänderung) 9,00 €“

Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Unterlassungsanspruch aus §§ 1, § 3 I Satz 1 Nr. 1, § 4 UKlaG i.V.m. § 307 I S. 1 und 2 BGB.

a.

Die Klausel ist kontrollfähig i.S.d. § 307 III 1 BGB. Auf die Erwägungen oben unter 1. a. wird Bezug genommen.

b.

Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Unterlassungsanspruch wegen der Nutzung der Klausel „Ersatzkarte (Verlust, Namensänderung) 9,00 €“ aus §§ 1, 3 Nr. 1 UKlG i.V.m. § 307 I BGB zu. Die Klausel benachteiligt den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Grundsätzen von Treu und Glauben unangemessen i.S.d. § 307 I 1 BGB.

Bei der Überprüfung des Inhaltes der Klausel und der Auslegung zur Ermittlung des objektiven Inhalts ergibt sich, dass die Klausel den Kunden des Verwenders unangemessen benachteiligt (vgl. oben Ziffer 1. b); BGH, NJW 2010, 57 Rz. 18, zit.n.juris; Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 73. Aufl. 2014, § 307 Rz. 8).

Die Auslegung ergibt, dass der Begriff „Verlust“ das Verlorengehen bei der Klägerin ebenso umfasst wie das Verlorengehen beim Kunden. Dem Wortsinn nach erfasst „Verlust“ auch den Fall, dass die Kreditkarte gar nicht erst den Verantwortungsbereich der Beklagten verlässt und nie beim Kunden ankommt, also noch im Bereich der Beklagten verloren geht. Dem Kunden hierfür Kosten aufzuerlegen, ist unangemessen. Denn die Beklagte könnte mit dieser Klausel Kosten erheben, auch wenn sie selbst ihre eigene vertragliche Verpflichtung, dem Kunden die Kreditkarte zur Verfügung zu stellen, noch gar nicht erfüllt hätte.

Die Klausel kann auch nicht deshalb aufrechterhalten werden, weil die Beklagte sich tatsächlich – wie sie vorträgt – nur auf die Klausel beruft, wenn der Kunde die Kreditkarte verloren hat. Eine wegen ihres Inhalts unwirksame Bestimmung wird nicht dadurch wirksam, dass der Berechtigte davon nicht in vollem Umfang Gebrauch macht (vgl. BGH, Urteil vom 6.10.1982, Az. VIII ZR 201/81, Rz, 21, zit.n.juris; BGH, Versicherungsrecht 2013, 46, 51 Rz 54).

Darüberhinaus ist die Klausel intransparent i.S.d. § 307 I 2 BGB.

Auch hier hat die Verwenderin nicht entsprechend dem Transparenzgebot Rechte und Pflichten ihres Vertragspartners in den AGB möglichst klar, einfach und präzise dargestellt (vgl. oben 1. b.; BGH, VersR 2013, 46). Die Klausel lässt nicht entsprechend Treu und Glauben wirtschaftliche Nachteile und Belastungen für einen durchschnittlichen Partner in ausreichender Weise erkennen, so dass auch die bloße Unklarheit zu ihrer Unwirksamkeit führt. Für den Vertragspartner ist nicht klar ersichtlich, wann der Verlust der Kreditkarte vorliegt. Auf die allgemeinen Erwägungen oben unter Ziffer 1. b. wird Bezug genommen. Dementsprechend ist auch die Festsetzung einer Gebühr für den Fall des „Verlustes“ der Kreditkarte ohne weitere Präzisierung intransparent und unzulässig.

Der Schriftsatz vom 3.2.2014 gibt keinen Anlass, gemäß § 156 ZPO die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen. Soweit der Schriftsatz neue Verteidigungsmittel enthält, sind diese als verspätet gemäß § 296 a ZPO nicht zu berücksichtigen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, diejenige zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 709 S. 1 und 2 ZPO.

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